Wahlprüfsteine 2019

 

Wahlprüfsteine gesamt

Wahlprüfsteine 2019

Am 27. Oktober 2019 finden Landtagswahlen in Thüringen statt. Wir haben die Thüringer Landesverbände von DIE LINKE, Bündnis 90/ Die Grünen, FDP, SPD, CDU und AfD zu ihren flüchtlingspolitischen Positionen anhand von Wahlprüfsteinen befragt. Von der AfD haben wir keine Reaktion und keine Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Am 27. Oktober 2019 wählen gehen! Geflüchtete selbst haben kein Wahlrecht – umso wichtiger ist es, dass sich wahlberechtigte Menschen in Thüringen mit ihrer Stimme für eine humanitäre Flüchtlingspolitik und faire Aufnahmebedingungen stark machen.

Die Antworten und Vorhaben der Parteien zu den jeweiligen Themenkomplexen sind in der linken Spalte nachzulesen. Einige zentrale Aussagen der Parteien zu einzelnen Themen geben einen ersten Überblick:
 

Anker-Zentren

SPD: "Die SPD Thüringen lehnt die Einrichtung von Anker-Zentren, welche die Integration und Teilhabe der Geflüchteten nachhaltig erschweren, kategorisch ab."

Grüne: "Das lehnen wir vehement ab."

CDU: "Die CDU-Thüringen wird sich wie bisher auch für die Einrichtung eines echten AnKER-Zentrums einsetzen."

Linke: "Das Konzept der Ankerzentren, wie es 2017 von Innenminister Seehofer eingebracht wurde lehnen wir aus generellen Überlegungen ab."

FDP: "Antragsteller sollen bis zum Abschluss des Verfahrens in der zentralen Unterbringungseinrichtung verbleiben und erst bei einem stattgebenden Asylbescheid dezentral auf die Kommunen weiterverteilt werden."
 

Unterbringung

SPD: "Dennoch setzen wir uns dafür ein, dass die Verweildauer in der Erstaufnahmeeinrichtung so kurz wie möglich gehalten wird und die Geflüchteten schnellstmöglich in Thüringen verteilt und nach Möglichkeit dezentral untergebracht werden."

Grüne: "Das Flüchtlingsaufnahmegesetz werden wir so verändern, dass die dezentrale Unterbringung Vorrang gegenüber der Gemeinschaftsunterbringung hat und dass eigenständige Wohnsitznahme durch private Anmietungen möglich wird."

CDU: "Jedem Menschen, unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus, steht es frei, sich in (Wohnungs-) Mietverträge zu binden. Erst wenn sie dazu selbst nicht in der Lage sind, hilft das Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz bei der Unterbringung."

Linke: "Die dezentrale Unterbringung in Wohnungen bleibt für uns eine wichtige Voraussetzung, damit die Menschen ihr Leben selbstbestimmt gestalten können."

FDP: "Wir setzen uns dafür ein, dass Flüchtlinge ab Zuteilung an die Kommunen von einem Wohnungsmanagement möglichst zügig dezentral untergebracht werden."
 

Abschiebung

SPD: "Abschiebungen in unsichere Gebiete stehen wir grundsätzlich ablehnend gegenüber."

Grüne: "Abschiebungen in Kriegsgebiete oder unsichere Gebiete sind für uns nicht denkbar."

CDU: "Abgewogenen Abschiebungsentscheidungen nach Afghanistan, wie sie auch von Thüringen vollzogen werden, stellen wir uns nicht entgegen."

Linke: "Eine Abschiebung in unsichere Gebiete lehnen wir ab!"

FDP: "[…] Daher sei eine Abschiebung in bestimmte Regionen Afghanistans möglich. Auf die Kenntnisse und Expertise des Auswärtigen Amtes müssen wir uns mangels eigener Ortskenntnis zunächst verlassen."
 

Migrationspaket

SPD: "In jedem Fall darf diese Regelung nicht dazu führen, dass die Betroffenen unter das Existenzminimum fallen oder sogar obdachlos werden. Auch eine medizinische Versorgung muss gewährleistet bleiben."

Grüne: "Die medizinische Versorgung und die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums sollen für alle hier lebenden Geflüchteten dauerhaft sichergestellt werden."

CDU: "Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz ist ein detailliert verhandeltes Gesetzespaket, das den Anspruch hat, seinem Namen gerecht zu werden."

Linke: "Wir wollen alle Ermessensspielräume die uns die repressiven Gesetze lassen ausreizen."

FDP: "Da die gegenwärtige Rechtslage nach unserem jetzigen Kenntnisstand sich vollständig im Rahmen der verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben bewegt, sehen wir keinen Anlass, hier von unmenschlichen Härten oder Einschränkungen auszugehen."
 

Beratungsstrukturen

SPD: "Hier muss das Land stärker einwirken und einen gewissen Standard an guter Beratungsleistung in allen Thüringer Kommunen sicherstellen."

Grüne: "Daher werden wir die individuelle und unabhängige Asylverfahrensberatung im ganzen Land gewährleisten."

CDU: "Wir planen den Aufbau einer qualifizierten konzentrierten Beratung in einem einzurichtenden AnKER-Zentrum."

Linke: "Wir setzen uns für den flächendeckenden Ausbau einer qualifizierten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung und die Sicherstellung bedarfsgerechter Beratungs-, Unterstützungs- und Betreuungsangebote, schon vom Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung an, ein."

FDP: "Wir setzen uns dafür ein, vor Ort in den Kommunen verstärkt hauptamtliches Personal für die Koordination, Fortbildung und Supervision von ehrenamtlichen Helfern einzusetzen."
 

Zivilgesellschaft

SPD: "Im Rahmen des Landesprogramms sollen auch weiterhin Projekte verstärkt berücksichtigt werden, die zur Entwicklung einer Thüringer Willkommenskultur für Zuwanderer/innen beitragen und eine erfolgreiche Integration ermöglichen."

Grüne: "Außerdem wollen wir die Förderprogramme für prodemokratische, antifaschistische und antirassistische Bildungsarbeit stärken und auch die Antidiskriminierungsarbeit gesetzlich besser verankern."

CDU: "Solange im Diskurs die Regeln des respektvollen Umgangs miteinander eingehalten werden, halten wir grundsätzlich jede Diskussion für fruchtbar und einer Demokratie unbedingt sinnstiftend. Eventuelle Bewertungen, ob kriminelles Handeln vorliegt, behalten wir den Justizbehörden vor."

Linke: "Diese Impulse (Anmerkung des Flüchtlingsrates: z.B. strukturelle und verstetigte Förderung von Selbstorganisationen und zivilgesellschaftlichen Gruppen) wollen wir aufnehmen und die  Landesantidiskriminierungsstelle weiter stärken und der Kriminalisierung des zivilgesellschaftlichen Engagements entgegenwirken."

FDP: "Wir unterstützen und fördern ehrenamtliche Flüchtlingshilfe. Konkret wollen wir zum Beispiel Integrationspatenschaften aktiv fördern und koordinieren."
 

Sichere Häfen

SPD: "[…] Letztlich sollen Thüringer Kommunen, die der Initiative „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ beitreten, aktiv durch die Landesregierung unterstützt werden."

Grüne: "Kommunen, die bereit sind, aus Seenot gerettete Schutzsuchende aufzunehmen, wollen wir dabei unterstützen."

CDU: "Kommunale Beschlüsse zu "Sicheren Häfen" ist eine bundesweite Initiative, die Kommunalvertretungen solidarische Lippenbekenntnisse abringt."

Linke: "Dort wo Initiativen bestehen, Städte zu „Sicheren Häfen“ zu erklären oder zu „Solidarity Cities“ weiterzuentwickeln, wollen wir diese unterstützen und Mehrheiten für Beschlüsse in den Kommunalparlamenten gewinnen."

FDP: "Die Entscheidung auf kommunaler Ebene die Ausrufung von „sicheren Häfen“ zu unterstützen oder abzulehnen liegt grundsätzlich bei den jeweiligen Verbänden vor Ort."
 

Bildung und Arbeit

SPD: "Wir setzen uns daher für eine erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse ein, damit vorhandene Qualifikationen besser eingebracht werden können. [...] Wir werden die Hürden, eine Berufsausbildung machen zu können, abbauen."

Grüne: "Die Schulpflicht soll erweitert werden, bis ein erster Schulabschluss erreicht oder das 18. Lebensjahr vollendet ist. Geflüchtete Schüler*innen sollen die DaZ-Förderung erhalten, die sie brauchen."

CDU: "Wir verweisen auf den Entwurf eines Thüringer Integrationsgesetzes, Drucksache 6/6060."

Linke: "Zur Sicherstellung eines gleichberechtigten Zugangs zu Bildung und Arbeit wollen wir ein flächendeckendes qualifiziertes Sprachkursangebot implementieren und die Sprachförderung im Landesprogramm „Start Deutsch“ bis zum Sprachniveau B2 ausbauen."

FDP: "Für Jugendliche mit Migrationshintergrund wollen wir schnell, berufsfeldbreit und bundesweit den Einstieg in die duale berufliche Ausbildung ermöglichen. Eine vollzeitschulische berufliche Vorbereitung soll den Weg hierfür ebnen."
 

Rassismus und Diskriminierung

SPD: "Die SPD Thüringen spricht sich im Bereich der öffentlichen Verwaltung ausdrücklich für die Weiterentwicklung der Landesantidiskriminierungsstelle hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit und niedrigschwelligen Erreichbarkeit aus."

Grüne: "Um Diskriminierung entgegenzuwirken, wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bestehende Projekte im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit stärken und die Landesantidiskriminierungsstelle (LADS) ausbauen und weiterentwickeln."

CDU: "Bis auf einige Einzelfälle der letzten Jahre, auf die die Verantwortlichen reagiert haben, sind keine Fälle von behördlicher Diskriminierung bekannt."

Linke: "DIE LINKE will die Arbeit und das Ausbau der Landesantidiskriminerungstelle mit erhörter Förderung weiter unterstützen. […] Außerdem initiiert, begleitet und fördert die LADS eine netzwerkorientierte und bedarfsgerechte Beratungsstruktur, beispielweise thadine, ein Antidiskriminierungsnetzwerk."

FDP: "Wir wollen die Kompetenzen aller Thüringer Beauftragten gegen Diskriminierung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen zu einem zentralen Antidiskriminierungsbeauftragten zusammenfassen."
 

Forderungspapiere

Konkrete Handlungsoptionen für das Land Thüringen haben wir in unserem Positions- und Forderungspapier aufgezeigt. Gemeinsam mit Kooperationspartnern haben wir zudem ein arbeitsmarktpolitisches Papier zur Landtagswahl veröffentlicht: