Was passiert bei einer Ablehnung des Asylantrages?

Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag ablehnt, können die Asylsuchenden beim Verwaltungsgericht Klage gegen diese Entscheidung einreichen. Dafür bestehen oft sehr kurze Fristen (gegebenenfalls nur sieben Tage). Lehnen das BAMF oder später das Verwaltungsgericht den Asylantrag ab, werden die Betroffenen aufgefordert Deutschland zu verlassen und ihnen wird die zwangsweise Abschiebung angedroht. Oft ist aber eine Ausreise oder Abschiebung aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Diese Personen leben dann teils jahrelang mit einer „Duldung“.

Das Ausweisdokument Duldung

Duldung
Laut dem Ausländerzentralregister lebten zum Stand 31.3.2020 rund 3.770 Menschen mit einer Duldung in Thüringen. Eine Duldung erhält, wer zur Ausreise verpflichtet ist, aber vorerst nicht abgeschoben werden kann. Das ist oft nach dem negativen Abschluss des Asylverfahrens der Fall. Diese Situation entsteht z.B. wenn schwerwiegende Erkrankungen vorliegen, wegen fehlender Reisedokumente, weil es keine Flugverbindung in eine Bürgerkriegsregion gibt oder wenn Kinder oder Ehepartner:in einen Schutzstatus haben und die Familieneinheit grundgesetzlich geschützt wird. Darüber hinaus wird in bestimmte Staaten aufgrund der dortigen Situation faktisch niemand abgeschoben (z.B. Somalia). Wenn jedoch das Abschiebungshindernis wegfällt, droht folglich die Abschiebung. Der unsichere Status der Duldung muss alle ein bis drei Monate bei der Ausländerbehörde verlängert werden. Das eingetragene Datum auf der Duldung gibt dabei nur den Termin der Verlängerung des Papieres an und bietet nicht zwingend Schutz vor Abschiebung bis zu diesem Termin.

Mit dem im August 2019 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht wurde eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ (auch „Duldung zweiter Klasse“ genannt) eingeführt. Diese beinhaltet gravierende Sanktionen, wie beispielsweise ein Arbeitsverbot und eine Wohnsitzauflage. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

Vor dem Hintergrund der langen Aufenthaltszeiten vieler Geduldeter fordern Flüchtlingsverbände für diese Menschen die Gewährung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen und die Schaffung von praktikablen Bleiberechtsregelungen.

Perspektiven aus der Duldung
Geflüchtete mit einer Duldung, die eine Berufsausbildung absolvieren, können eine „Ausbildungsduldung“ beantragen. Diese gilt für den gesamten Zeitraum der Ausbildung. Während dieser Zeit können sie nicht abgeschoben werden. Wie man eine Ausbildung findet und eine Ausbildungsduldung beantragt zeigt unser Tutorial. Geflüchtete, die eine Arbeit haben und deren Lebensunterhalt gesichert ist, können unter bestimmten Bedingungen eine „Beschäftigungsduldung“ erhalten. Dafür müssen sie u.a seit mindestens zwölf Monaten geduldet sein und seit mindestens 18 Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Hier gibt es eine Arbeitshilfe zur Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung.

Wenn humanitäre oder persönliche Gründe für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland sprechen, können sich geduldete Flüchtlinge an die Mitglieder der Thüringer Härtefallkommission wenden. Eine Duldung ist auch aus humanitären, rechtlichen oder persönlichen Gründen möglich. Diese kann z.B. bei der notwendigen Pflege von Angehörigen, zur Wahrung der Familieneinheit oder zum Erlangen eines bevorstehenden Bildungsabschlusses beantragt werden. Darüber hinaus besteht bei nachhaltiger Integration die Möglichkeit für ein Bleiberecht . Für unter 21-Jährige gilt u.a., dass diese sich mindestens vier Jahre in Deutschland aufgehalten und vier Jahre erfolgreich die Schule besucht oder einen Schul- oder Berufsschulabschluss erworben haben müssen. Für über 21-Jährige gelten u.a. eine Aufenthaltszeit von 8 Jahren und die Erfüllung der überwiegenden Lebensunterhaltssicherung. Für Familien mit minderjährigen Kindern sind dabei sechs Jahre in Deutschland erforderlich. In Thüringen gibt es für die über 21-Jährigen eine Regelung, dass die erforderlichen Jahre in Deutschland um zwei Jahre reduziert werden können, wenn eine besondere Integration nachweisbar ist. Für einen Aufenthalt durch eine Bleiberechtsregelung ist i.d.R. ein gültiger Pass erforderlich. Zu den spezifischen Voraussetzungen der Regelungen sollten sich Betroffene an eine qualifizierte Beratungsstelle oder einen fachkundigen Anwalt bzw. eine fachkundige Anwältin wenden.  Bei unseren Arbeitshilfen finden sich dazu weiterführende wichtige Informationen.

 
Abschiebungen
Abschiebungen sind zwangsweise Rücktransporte, die eine Wiedereinreisesperre (befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot) nach sich ziehen. Die Abgeschobenen werden zur Begleichung der entstandenen Abschiebungskosten verpflichtet, sollten sie wieder einreisen.Abschiebungen werden meist nicht angekündigt und finden oft in der Nacht statt. Das bedeutet für viele ein Leben in ständiger Angst und eine große psychische Belastung.Für Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kann das BAMF dieses befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot auch bei „freiwilligen Ausreisen“ anordnen, was für den gesamten Schengen-Raum gilt (siehe auch Bundesministerium des Innern).

Flüchtlingspolitische Gruppen und Menschenrechtsorganisationen kritisieren Abschiebungen als massive Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen und als Zwangsmittel der Verwaltung. Zahlreiche Berichte von abgeschobenen Menschen belegen, wie gravierend dieser staatliche Eingriff sein kann: Traumatisierungen, Suizide, Depressionen, das anschließende Leben in Elendsquartieren oder Obdachlosigkeit. Viele fliehen in der Hoffnung weiter, irgendwo ein Ankommen, Schutz und eine Lebensperspektive zu finden. Abschiebungen können also keine Antwort einer humanitären Flüchtlingspolitik sein.

Abschiebungen im Dublin-Verfahren
Abschiebungen in ein anderen EU-Mitgliedstaat sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz werden Überstellungen genannt. Wenn die Zuständigkeitsprüfung in Deutschland ergibt, dass ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, wird die Überstellung in diesen Staat angedroht. Normalerweise hat Deutschland sechs Monate dafür Zeit. Danach geht die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf Deutschland über. Prekäre Verhältnisse in anderen Mitgliedsstaaten zwingen Flüchtlinge oft dazu, in andere Länder weiter zu fliehen. Wenn das Asylverfahren bereits in dem als zuständig erachteten Mitgliedsstaat abgelehnt wurde, droht oft die Kettenabschiebung bis in das Herkunftsland, aus dem geflohen wurde. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

International Schutzberechtigte
Von Abschiebungen in ein anderes EU-Land können auch Flüchtlinge betroffen sein, die in diesem EU-Land zwar einen Schutzstatus, aber keinerlei Lebensperspektive erhalten haben. Oft leben sie dort in der Obdachlosigkeit und in sehr prekären Lebensverhältnissen (wie zum Beispiel in Bulgarien, Ungarn, Italien, Malta oder anderen Staaten) und sind deswegen auf der Suche nach tatsächlichem Schutz zum Beispiel nach Deutschland weitergereist. (Siehe auch
Schweizerische Flüchtlingshilfe) Mehr Infos dazu gibt es unter Dublin und international Schutzberechtigte.

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen fordern, dass Flüchtlinge nicht in Staaten abgeschoben werden, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen (auch nicht innerhalb von Europa), und die europäische Freizügigkeit – wie freie Arbeits- und Wohnsitzwahl innerhalb der Europäischen Union – auch mit einem Flüchtlingsschutz gelten muss (siehe Flucht ohne Ankunft. Hrsg: Pro Asyl).

Abschiebungen International Schutzberechtigter
Von Abschiebungen in ein anderes EU-Land können auch Flüchtlinge betroffen sein, die in diesem EU-Land zwar einen Schutzstatus, aber keinerlei Lebensperspektive erhalten haben. Oft leben sie dort in der Obdachlosigkeit und in sehr prekären Lebensverhältnissen (wie zum Beispiel in Griechenland, Bulgarien, Ungarn, Italien, Malta oder anderen Staaten) und sind deswegen auf der Suche nach tatsächlichem Schutz in andere Länder weitergereist. Eine Stellungnahme zu den unzulänglichen Lebensumständen und humanitären Standards international Schutzberechtigter bspw. in Griechenland hat Pro Asyl verfasst:

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss prüfen, ob in dem EU-Staat, der den internationalen Schutz gewährt hat, Grundrechtsverletzungen bestehen und somit ein Abschiebungsverbot erteilt werden kann. Darüber hinaus gilt: Wenn unmenschliche Lebensverhältnisse innerhalb der EU drohen, dürfen diese aber nicht missachtet werden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein Asylantrag nicht als unzulässig abgelehnt werden darf, wenn in dem Mitgliedsstaat Menschenrechtsverletzungen drohen. Informationen zum Urteil des EuGH gibt es bei ProAsyl. Mehr Informationen gibt es im Themenbereich Dublin und international Schutzberechtigte.

Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen fordern, dass Flüchtlinge nicht in Staaten abgeschoben werden, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen (auch nicht innerhalb von Europa). Zudem fordern sie dass die europäische Freizügigkeit, wie freie Arbeits- und Wohnsitzwahl innerhalb der Europäischen Union, auch mit einem Flüchtlingsschutz gelten muss (siehe Flucht ohne Ankunft. Hrsg: Pro Asyl)

Abschiebehaft
Um eine Abschiebung sicher zu stellen, können unter bestimmten Voraussetzungen Geflüchtete in Abschiebungshaft genommen werden,. Mit dem im August 2019 verabschiedeten „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ wurden die Gründe dafür ausgeweitet. Bis 2022 soll die Abschiebungshaft zusammen mit Strafgefangenen erfolgen können. Das ist rechtlich umstritten, denn die Abschiebehaft muss sich nach europäischem Recht von der Strafhaft unterscheiden. Wenn „Fluchtgefahr“ besteht, können Geflüchtete in Sicherungshaft, einer Form der Abschiebungshaft, genommen werden. Fluchtgefahr bedeutet hier unter anderem, wenn sich eine Person einer früheren Abschiebung entzogen hat, bei aktuellen Identitätstäuschungen, ebenso wenn Identitätstäuschungen bereits in der Vergangenheit eine geplante Abschiebung verhindert haben. Fluchtgefahr kann auch unterstellt werden, wenn eine Person zu einer ärztlichen Untersuchung zur Reisefähigke Die Betroffenen selbst müssten die schwierige Aufgabe vollbringen selber nachzuweisen, dass keine Fluchtgefahr besteht.

Wenn Menschen einer Anordnung für einen Termin an der Botschaft des vermuteten Herkunftsstaates oder einer ärztlichen Untersuchung der Reisefähigkeit nicht nachgekommen sind, können sie zudem für 14 Tage in Mitwirkungshaft genommen werden. Eine Kleine Anfrage von B90/Die Grünen zum Jahr 2020 zeigt, dass in Thüringen 14 Personen aus der Abschiebehaft heraus abgeschoben wurden. Dafür wurden Abschiebehaftplätze in Rheinland-Pfalz (Ingelheim) und Nordrein-Westfalen (Büren) genutzt. Mehr Hintergrundinformationen zum Thema auf der Website von „100 Jahre Abschiebehaft“.

 

Stand August 2021