10. Dezember 2020
Flüchtlingsrat verleiht „Spitze des Eisbergs 2020“ an Ausländerbehörde Erfurt

Anlässlich des Tages der Menschenrechte am 10.12.2020 verleiht der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. die diesjährige „Spitze des Eisbergs“ an die Ausländerbehörde Erfurt. Nach 2017 erhält die Ausländerbehörde Erfurt damit zum zweiten Mal den Preis, da sie ihre diskriminierende Praxis nicht eingestellt und in Teilen sogar verschlimmert hat.

Eifrig hat sie inmitten einer Pandemie die Abschiebung von 14 Menschen in Risiko-Gebiete durchgeführt. Unter den Abgeschobenen befanden sich besonders schutzbedürftige Menschen und während des Vollzugs wurden Familien auseinandergerissen. Gleichzeitig vergibt die Behörde nahezu keine Termine, die Kommunikation ist intransparent und hochschwellig. Die Ausweise vieler Geflüchteter sind mittlerweile abgelaufen – ein Blatt Papier der Ausländerbehörde soll regeln, dass Aufenthaltspapiere für 6 oder 12 Monate weiter gültig seien. Diese Zettelwirtschaft und provisorischen Aufenthaltsdokumente bieten aber beispielsweise Banken für eine Kontoeröffnung oder Arbeitergeber*innen für Ausbildungs- oder Arbeitsverträge oft keine hinreichende Sicherheit.

Wiederholt hatten Geflüchtetenselbstorganisationen, Beratungsstellen und auch der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. auf die gravierenden Probleme aufmerksam gemacht und um rasche Verbesserung gebeten. Auch Demonstrationen und Kundgebungen wie im Februar 2019 und im Februar 2020 änderten nichts. Seitens der Behörde wurde die diskriminierende Praxis nicht eingestellt.

 

Seit 20 Jahren vergibt der Verein diesen Preis an Behörden, Institutionen und Einzelpersonen, die in besonderer Weise schützenswerte Rechte von Geflüchteten missachtet bzw. unbeachtet gelassen haben. Eisbergspitzen sind der sichtbare Teil eines viel größeren Problems, an Eisbergen erleiden die Hoffnungen und Lebensentwürfe geflüchteter Menschen Schiffbruch, Eisberge strahlen Kälte aus.