7. September 2020
Leuchtturm 2020 - die Nominierungen für den Engagmentpreis

Der Leuchtturm 2020 wird im Rahmen der Veranstaltung "Flucht, Rüstung und Profit" und der Interkulturellen Woche am 28. September 18Uhr im Historischen Rathaus Jena verliehen. Seit 2007 vergibt der Verein jährlich diesen Preis für Engagement für die Rechte von Geflüchteten an Menschen, Gruppen oder Initiativen in Thüringen, die sich seit langem und kontinuierlich für die Rechte von Geflüchteten und die Verbesserung ihrer Lebenssituation einsetzen, sich ehrenamtlich engagieren, Zeit und oftmals auch Geld investieren, um manchmal „nur“ im Kleinen konkret zu helfen. Hier sind die bei uns eingereichten Nominierungen 2020:

  • Michael Gerner, Neustadt-Orla / Pößneck
    Seit fast fünf Jahren unterstützt Michael Gerner in einer wohl unvergleichbaren Qualität und Quantität Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Darunter Menschen mit Beeinträchtigung und auch unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Er gründete vor zwei Jahren den 1.SV Al Karama Pößneck und organisierte Integrationsturniere. Die Familie Gerner nahm zudem den minderjährigen Geflüchteten Khalid (Name geändert) bei sich auf. 2018 gründete Michael Gerner einen Unterstützerkreis und schaffte es, enge Familienangehörige von Khalid aus Syrien nachzuholen.
     
  • Thüringer Flüchtlingspaten Syrien e.V.
    Viele Geflüchtete befinden sich in ständiger Sorge um ihre zurückgelassenen Familienangehörigen. Der Familiennachzug ist oft nur über die Abgabe einer Verpfichtung zur Zahlung des Unterhalts möglich, die von den Betroffenen aufgrund der Höhe des nachzuweisenden Einkommens nicht geleistet werden kann. Die Thüringer Flüchtlingspaten haben sich organisiert, um Menschen in Deutschland zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu ermutigen und ihr finanzielles Risiko zu minimieren, indem sie das finanzielle Risiko einer Verpflichtungserklärung auf viele Schultern verteilen. Auf diese Weise konnten bereits über 20 Menschen auf sicherem Weg zu ihren Familienangehörigen nach Thüringen kommen.
     
  • Seebrücke Erfurt
    Die Seebrücke ist eine internationale Bewegung, getragen von verschiedenen Bündnissen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft. Sie solidarisieren sich mit allen Menschen auf der Flucht und erwarten von der deutschen und europäischen Politik sofort sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten oder noch auf der Flucht sind – kurz: Weg von Abschiebung und Abschottung und hin zu Bewegungsfreiheit für alle Menschen. In Erfurt gab die Seebrücken-Initiative den entscheidenden Anstoß im Erfurter Stadtrat, Erfurt zum sicheren Hafen zu erklären und begleitete den Prozess in diesem Jahr durch zahlreiche Aktionen. Akut bleibt die Forderung zur Aufnahme und Evakuierung von Geflüchteten aus den griechischen Elendslagern wie Moria und die Durchsetzung eines eigenen Landesaufnahmeprogramms in Thüringen.
     
  • Frauenkommunikationszentrum TOWANDA Jena e. V.
    Dem Frauenzentrum TOWANDA Jena e. V. setzte sich im Jahr 2019 für eine junge syrische Frau ein, die vom eigenen Ehemann gewaltvollen nach Syrien entführt und von ihren Kindern getrennt wurde. Der Verein schaffte es durch unglaubliche Bemühungen, der Betroffenen die Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen. Inzwischen führt die Frau ein selbständiges Leben in Jena. Sie vermisst ihre drei Kinder sehr und versucht mit der Unterstützung von Towanda weiter alles, um ihre Kinder eines Tages wiederzusehen.
     
  • Adam Alazawe, Erfurt
    Teil seines vielfältigen Engagements für Geflüchtete, Demokratie und Partizipation war und ist seine aktive Arbeit bei Radio F.R.E.I., dem freien Radio in Erfurt. Besonders hervorzuheben ist sein Engagement in der Redaktion "Our Voice", die sich im Herbst 2015 gründete, fluchtpolitische Themen aufgriff und geflüchteten Menschen die Möglichkeit gab, selbst zu sprechen und sich über das Radiomachen zu empowern. In all seinem Tun ging es immer um das Sichtbar- und Hörbarmachen von marginalisierten Stimmen, sowie der Stärkung von Partizipation und Verständigung.
     
  • Ehepaar Uta Ebendorff-Heidepriem & Ulrich Scheidt, Erfurt
    Die Familie Scheidt unterstützt mit viel Engagement eine afghanische Familie, die durch eine Abschiebung des Familienvaters nach Österreich Ende 2019 auseinandergerissen wurde. Besonders perfide: die Familie war zuvor vielen Jahre durch die Flucht getrennt und fand erst kurz zuvor wieder in Erfurt zusammen. Familie Scheidt begleitete und unterstützte bei alltäglichen Fragen und Sorgen, bei rechtlichen Wegen und Hürden. Das alles getragen von dem absoluten Unverständnis, dass staatliches Handeln das Auseinanderreißen eine Familie ermöglicht und die Kinder und Ehefrau ohne Vater und Ehemann leben sollen.
     
  • DRK Kreisverbandes Suhl e.V., Einrichtung für Kinder und Jugendliche 
    Die Einrichtung wurde eigens für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten im Jahre 2016 eröffnet. Bis heute engagieren sich dort Menschen in der Betreuung, Beratung und Begleitung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Der unermüdliche Einsatz geht soweit, dass ein Jugendlicher eine Ausbildung beim eigenen DRK Kreisverbandes beginnen konnte.
     
  • Die Ehrenamtlichen des HORIZONT e.V., Nordhausen
    Ehemalige Lehrer*innen bieten ehrenamtliche Sprachkurse, ein Frauencafé bietet Frauen und Müttern die Möglichkeit zum Austausch, monatlich wird gemeinsam gekocht, regelmäßig finden Tanzveranstaltungen statt, Menschen werden auf Vorstellungsgespräche vorbereitet, Bibliotheksbesuche und Stadtführungen zur Orientierung und Sprachmittler*innen begleiten bei Behördengängen. Das alles und noch viel mehr ist nur durch das Engagement vieler beim Horizont e.V. möglich. Gemeinsam und auf Augenhöhe arbeitet die Ehrenamtsgruppe für das Ankommen, das Orientieren und an Chancen für die Zukunft Vieler.
     
  • Hameed Sediqi, Erfurt
    Hameed Sediqi ist ein junger Mann, der seit einiger Zeit in Deutschland lebt und arbeitet. Erst vor kurzem hat er Erfurt verlassen, aber dennoch eine nachhaltige Wirkung hinterlassen. Vor allem in seiner afghanischen Community unterstützt er Menschen jeglichen Alters und Anliegens. Sei es bei der Wohnungssuche oder bei Auseinandersetzungen mit dem BAMF. Auch in Stadtteilen gelang es ihm, Menschen zu verbinden und regelmäßige Austauschtreffen zu etablieren.
     
  • Frank Reinhardt, Erfurt
    Frank Reinhardt ist Rentner und wohnt in einem Erfurter Plattenbaugebiet. Dort und darüber hinaus unterstützt er Geflüchtete bei allen Fragen des Lebens. Er begleitet zu Behörden, führt zahlreiche Telefonate und ist auch zur Stelle, wenn Menschen nicht mehr weiterwissen. Dieses Engagement können nicht alle verstehen, aber jenen denen seine Hilfe zu Teil geworden ist, nehmen ihn als Freund, Vater oder Opa war. Mit seinem Einsatz und der offenen Art gelingt es ihm im besonderen Maße die Integration zu fördern.