18. Februar 2021
Thüringen muss Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz pandemiebedingt anpassen

Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ist für einen umfangreichen Erlass, damit paradoxe und diskriminierende Mittelkürzungen ein Ende haben.

Der Flüchtlingsrat Thüringen fordert die Landesregierung auf, per Erlass sicherzustellen, dass aufgrund der Corona-Pandemie zahlreiche Einschränkungen in der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aufgehoben werden. Zudem soll sichergestellt werden, dass digitale Endgeräte für das Homeschooling auch von den Sozialämtern gewährt werden. Für Jobcenter gibt es bereits Weisungen.

Die pauschalen Leistungskürzungen für alleinstehende Erwachsene in Gemeinschaftsunterkünften müssen aufgehoben und der volle Regelsatz nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden.

Seit der Gesetzesänderung zum 1.9.2019 erhalten alleinstehende Erwachsene in Gemeinschaftsunterkünften nur noch Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2, wie dies für Ehepaare oder Lebenspartner*innen vorgesehen ist. Begründet wurde dies mit der pauschalisierten Vorstellung, dass alleinstehende Erwachsene in Gemeinschaftsunterkünften gewissermaßen wie eine Familie zusammen wirtschaften und dabei Einspareffekte erzielen würden. Auch schon vor der Pandemie stieß diese Annahme auf erhebliche fachliche Kritik, die bundesweit von verschiedenen Sozialgerichten geteilt wird. In Anbetracht der Pandemie und den damit verbundenen Schutzmaßnahmen ist ein gemeinsames Wirtschaften erst recht nicht möglich.

Leistungskürzungen wegen des Vorwurfs der fehlenden Mitwirkung für die Abschiebung müssen aufgehoben werden, wenn Mitwirkung oder Rückführungen pandemiebedingt gar nicht möglich sind.

Aufgrund von Einreise- und Ausreiseverboten, der faktischen Einstellung des Flugbetriebes und der Schließung von Auslandsvertretungen sind Abschiebungen mit Blick auf einige Zielländer weitgehend zum Erliegen gekommen, wie das TMMJV in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von Astrid Rothe-Beinlich (Bündnis 90/ Die Grünen) am 11.2.2021 (Drs. 7/2707) erläutert. Zudem sei die Wiederaufnahme des Flugbetriebes und die Arbeit in den konsularischen Vertretungen pandemiebedingt in den Zielländern beeinflusst. Leistungseinschränkungen auf etwa 192 € monatlich für eine alleinstehende erwachsene Person sind insbesondere vor diesem Hintergrund und den pandemiebedingten Herausforderungen keineswegs zu rechtfertigen.

Analog zu den Weisungen für die Jobcenter müssen auch von den Sozialämtern digitale Endgeräte für das Homeschooling gewährt werden.

Das BMAS hat am 1.2.2021 eine Weisung zur Versorgung für Schüler*innen mit digitalen Endgeräten erlassen. Um die Teilnahme am Distanzunterricht sicherzustellen, geht das BMAS in einem Schreiben vom 12.2.2021 davon aus, dass auch die Sozialämter im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes digitale Endgeräte entsprechend gewähren. Für eine rasche Umsetzung und Gewährung durch die Sozialämter braucht es eine entsprechende Weisungslage der Landesregierung. Dabei muss auch klargestellt werden, dass auf die Rückzahlung möglicher Darlehen für digitale Endgeräte durch die Sozialämter verzichtet wird.

Auch muss sichergestellt sein, dass in allen Thüringer Kommunen Geflüchteten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes die erforderlichen medizinischen Schutzmasken bzw. die finanziellen Mittel hierfür zur Verfügung gestellt werden.