16. Oktober 2012
Offener Flüchtlingsrat tagte am 13.10.2012 in Pößneck

Desolate Situation in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Neustadt/Orla

Am vergangenen Samstag, den 13.10.2012 tagte der „Offene Flüchtlingsrat“
in Pößneck. Der Einladung zu der offenen Informationsveranstaltungen waren
insgesamt 21 Personen gefolgt, darunter Landrat Herr Fügmann sowie einige
der im Saale- Orla-Kreis untergebrachten Flüchtlinge. Schwerpunkte waren die
desolate Wohnsituation in der sogenannten Gemeinschaftsunterkunft in Neu-
stadt/  Orla,  fehlende  soziale  Teilhabemöglichkeiten  der  Flüchtlinge  sowie
Probleme in der (zahn-) medizinischen Versorgung.

Nach dem „Offenen Flüchtlingsrat“ zieht der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ein
differenziertes Resümee. Positiv anerkannt wurde, dass der Landkreis sich be-
reits im Juli 2012 vom diskriminierenden Gutscheinsystem für Flüchtlinge dis-
tanziert und stattdessen Bargeldzahlungen eingeführt hat sowie wie die Zusa-
ge   des   Landrates,   sich   für   den   Zugang   zu   Guthabenkonten   bei   der
Kreissparkasse (ebenso wie in Jena und Weimar) zeitnah einzusetzen. Ebenso
wurde der erst kürzlich begonnene Sprachkurs für Flüchtlinge in Oppurg ge-
würdigt, der Flüchtlingen erstmals im Landkreis ein umfassendes Erlernen der
deutschen Sprache ermöglicht.

Die Wohnsituation in der sogenannten Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Neu-
stadt/ Orla ist dagegen desolat. Dies konnte auch der Landrat nicht abstreiten,
der als Ziel die rasche Unterbringung in Wohnungen nannte.
So sind die Zimmer in der GU sehr heruntergekommen und zum Teil für bis zu
7 Personen vorgesehen, zahlreiche Betten und Schränke sind alt und defekt,
die  Fenster  haben  keine  Gardinen  und  Vorhänge  mit  Verdunklungsmöglich-
keit.  Es  gibt  weder  ein  Kinderspielzimmer  noch  einen  Gemeinschaftsraum,
auch einen Spielplatz im Freigelände gibt es nicht.*

„Der Schutz der Privatsphäre der BewohnerInnen und der Umgang der Heim-
leiterin mit den Flüchtlingen sind dringend zu verbessern. Es kann nicht sein,
dass Kritik am Lager mit dem Hinweis begegnet wird, der betreffende Flücht-
ling  könne  doch  zurück  in  sein  Herkunftsland  gehen,  wie  es  uns  mehrere
Flüchtlinge  berichteten“,  kritisiert  Sabine  Berninger,  stellv.  Vorsitzende  des
Flüchtlingsrates.Zur Verbesserung der Situation in der GU Neustadt schlug Landrat
Fügmann künftig  ein  mindestens  jährliches  Treffen  in  der  Unterkunft  vor,  bei
dem  im Gespräch  mit  den  BewohnerInnen  und  Engagierten  aus  dem  Landkreis
Verbesserungen angestrebt werden sollen.

Besonders  fehlende  soziale  Teilhabemöglichkeiten  im  Landkreis  sprachen  die
Flüchtlinge an. Sie wünschten sich mehr Integrationsmöglichkeiten und Kon-
takte  zur  Mehrheitsbevölkerung.  Weitere  Verbesserungen  wurden  von  den
TeilnehmerInnen  des  Offenen  Flüchtlingsrates  angestrebt,  zum  Beispiel  der
Zugang für Flüchtlinge zum Sozialticket des Landkreises für den Personenen-
nahverkehr  und  dringend  notwendige  Anpassungen  beim  Zugang  zu  zahn-
ärztlichen Leistungen und fachärztlicher Versorgung.

Im Landkreis selbst wäre ein Netzwerk von UnterstützerInnen, eine ausgewie-
sene Asylberatung und eine gelebte Willkommenskultur vonnöten, so der Ap-
pell an den erst kürzlich gegründeten Integrationsbeirat.

* laut Thüringer Verordnung über Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung und Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden

Für Rückfragen: Ellen Könneker, Tel: 0361-2172720