7. Dezember 2017
Flüchtlingsrat verleiht den Preis für die größtmögliche Gemeinheit 2017 an die Ausländerbehörde Erfurt

Anlässlich des „Tag der Menschenrechte“ am 10.12.17 wird der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. den diesjährigen „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ der Ausländerbehörde Erfurt für die Abschiebung des Auszubildenden Hetem Rustemi und seiner Familie verleihen.

Am Morgen des 19.10.2017 veranlasste die Erfurter Ausländerbehörde die Abschiebung der vierköpfigen Familie Rustemi in den Kosovo. Der Familienvater war im Besitz einer Ausbildungsduldung. Sein Ausbildungsverhältnis wurde kurz zuvor beendet und er hatte die Zusicherung für einen neuen Ausbildungsplatz. Entgegen der gesetzlichen Grundlagen schob die Ausländerbehörde Erfurt den Familienvater  und seine Familie am 19.10.17 um 4:00 Uhr morgens mit zwei kleinen Kindern (fünf und anderthalb Jahre) ohne Vorwarnung ab. Zudem wurde die Familie auch nicht vorab auf die Möglichkeit der „freiwilligen Ausreise“ hingewiesen, wie es der Thüringer Erlass vorsieht.

Der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. fordert eine schnelle Aufklärung der Vorgänge und eine umgehende Rückholung des Betroffenen und seiner Familie nach Erfurt.

Sowohl das Aufenthaltsgesetz als auch die entsprechenden Thüringer Erlasse sehen im Fall der Aufnahme einer Ausbildung vor, dass die Auszubildenden sowie der Ausbildungsbetrieb Rechtssicherheit und Schutz vor aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erhalten während der Dauer der Ausbildung. Im Fall des Verlustes des Ausbildungsplatzes muss die Ausländerbehörde nach dem Gesetzeswortlaut den Betroffenen sechs Monate Zeit  geben um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden. In diesem Zeitraum ist die betreffende Person vor einer Abschiebung rechtlich – normalerweise - geschützt. Mit dem sogenannten Integrationsgesetz wurde im August 2016 erstmals ausdrücklich der Anspruch auf Erteilung einer Duldung zum Zweck der Ausbildung in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen.

Mit ihrem Vorgehen beendet die Ausländerbehörde Erfurt abrupt die beruflichen Perspektiven und alle damit verbundenen Bemühungen von Hetem Rustemi und seiner Familie, in Erfurt eine neue Existenz aufzubauen. Die Ausländerbehörde Erfurt setzt sich damit über geltendes Recht hinweg und ignoriert  die gesetzlich normierte Erkenntnis, sowohl für den Auszubildendenden als auch die Ausbildungsstätte während der Zeit der Ausbildung den Auszubildenden mit Fluchthintergrund Rechtssicherheit zu genießen. Denn genau das Damoklesschwert der drohenden Abschiebung verhindert seit Jahren die Teilhabe am Arbeitsmarkt. Dieses Handeln der Erfurter Ausländerbehörde zeigt auf erschreckende Weise, dass offensichtlich Geflüchtete sich noch nicht einmal auf die Recht und Gesetz verlassen können, wenn dies durch die ausführenden Behörden missachtet wird.

Mit dem „Preis für größtmögliche Gemeinheit“ werden Behörden, Institutionen und Einzelpersonen “ausgezeichnet”, die nach Auffassung des Flüchtlingsrat Thüringen e.V. in besonderer Weise schützenswerte Rechte von Flüchtlingen missachtet bzw. unbeachtet gelassen haben. Der Preis soll einerseits auf für Flüchtlinge diskriminierende Entscheidungen öffentlich aufmerksam machen und andererseits aber auch eine Diskussion über Hintergründe und vor allem über Perspektiven ermöglichen.


Vertreter*innen der Medien möchten wir herzlich zur Preisübergabe einladen. Als Termin für die Preisübergabe wurde Freitag, der 8.12.17 um 11 Uhr. Eine Terminbestätigung seitens der Ausländerbehörde steht noch aus.

Der bundesweite „Tag der Menschenrechte“  erinnert an die Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen stattfand.