8. April 2020
Flüchtlingsrat Thüringen fordert: Soziallleistungskürzungen sofort beenden!

Geflüchtete, die nicht an ihrer Abschiebung mitarbeiten, werden noch immer sozialrechtlich sanktioniert. Doch Abschiebungen sind aktuell faktisch nicht möglich.

Durch die aktuelle Corona-Pandemie können Abschiebungen innerhalb und außerhalb Europas in den meisten Fällen  nicht durchgeführt werden. Bisher war es für die Sozialämter möglich, Menschen mit einer Duldung, die aus Perspektive der Ämter nicht genug an ihrer eigenen Abschiebung mitgewirkt hätten, mit zeitlich begrenzten Leistungskürzungen zu sanktionieren. Diese Geflüchteten bekommen dann lediglich Leistungen nach  §1a  Asylbewerberleistungsgesetz ausgezahlt.

In Folge solcher Leistungskürzungen müssen die Betroffenen mit 177 Euro pro Monat auskommen. Das bedeutet ein Leben weit unter dem Existenzminimum, was diese Praxis aus verfassungs- und menschenrechtlicher Sicht hoch problematisch macht. Und da die Rechtsgrundlage faktisch entfallen ist, darf es nun auch keine Kürzungen mehr geben!

Unter die aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens fallen auch die fehlenden Reiseverbindungen in Herkunftsländer. Abschiebungen finden de facto nicht statt. Das Bundessozialgericht stellte 2017 fest, dass durch eine Verhaltensänderung der Betroffenen das Abschiebehindernis beseitigt werden können müsste – zu Pandemie-Zeiten ist das allerdings unmöglich. Die Landesregierungen von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig Holstein haben bereits klargestellt, dass die für das Existenzminimum notwendigen Grundleistungen gezahlt werden und keine Sanktionen erteilt werden. Auch in Thüringen brauchen wir eine Klarstellung für die Sozialämter, damit für alle Seiten Handlungssicherheit hergestellt ist.

Es ist irrsinnig, dass Geflüchtete dafür bestraft werden, dass ihre Abschiebung wegen Corona nicht stattfinden kann. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt muss umgehend gewährleistet werden, dass sich die Betroffenen mit notwendigsten Dingen versorgen können!

 

Menschenrechtsorganisationen und Wohlfahrtsverbände (Parität/ AWO) fordern grundsätzlich die Abschaffung der verfassungsrechtlich problematischen Soziallleistungskürzungen unterhalb des Existenzminimums bzw. die Abschaffung des AsylblG als diskriminierendes Sondergesetz.