Mit großem Bedauern musste der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. die asyl-, aufenthalts- und jugendhilferechtliche Fachberatung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und deren Fachkräfte der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe zum 30.6. beenden.
„Trotz des großen Bedarfs können wir dieses Angebot nicht weiter aus unseren Eigenmitteln finanzieren“ erläutert Juliane Kemnitz vom Flüchtlingsrat Thüringen e.V.. Seit 2015 unterstützte eine Mitarbeiterin der Fachberatung junge, unbegleitete Geflüchtete (UMF/UMA) und Fachkräfte der Thüringer Jugendämter und Jugendhilfeeinrichtungen. Hierbei geht es u.a. um Fragen des Asylverfahrens, aufenthaltsrechtliche Perspektiven oder die Wiedervereinigung von getrennten Familien. Die zahlreichen rechtlichen Besonderheiten erfordern hier ein hohes fachliches Wissen. Gefördert wurde die Beratung mit Mitteln aus dem Thüringer Bildungsministerium. Bereits 2022 erfolgte keine Fortsetzung der Kooperation mehr – trotz der steigenden Anzahl unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter und trotz entsprechend steigenden Bedarfsmeldungen aus der Praxis. Für 2023 sind die entsprechenden Mittel im Landeshaushalt eingestellt, werden aber bis dato nicht zur Verfügung gestellt.
„Um unserem Auftrag gerecht werden zu können, haben wir bisher aktiv die Fachberatungsstelle zu asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen genutzt. Die Sicherung des Kindeswohls für UMAs erfordert fachspezifische Beratung!“ schätzt Christiane Stöckigt, Sachgebietsleiterin Amtsvormundschaften im Jugendamt Erfurt ein.
„Die Beratungsfälle werden durch die Anzahl der beteiligten Akteur:innen, das Zusammenspiel der verschiedenen Rechtsbereiche (Jugendhilfe-/ Asyl-/ Aufenthaltsrecht) sowie dem Wunsch der Vormünder nach Beteiligung der geflüchteten Jugendlichen zunehmend komplexer. Die vielfältigen Fragestellungen und möglichen Perspektiven müssen einerseits mit den Jugendlichen besprochen werden, denn von ihrer Beteiligung und ihrem Verständnis hängt der Erfolg im Sinne einer am Kindeswohl orientierten Zusammenarbeit aller beteiligten Akteur:innen maßgeblich ab.“ erläutert Antje-Chr. Büchner, Beraterin beim Flüchtlingsrat, den Ansatz der Fachberatung.
„Die Fachberatungsstelle stellt Informationen für Fachkräfte zu allen die Flüchtlingsarbeit betreffenden Themen, wie Informationen, Handlungssicherheiten und rechtliche Grundlagen im Asyl- und Aufenthaltsrecht, Sozialleistungen, medizinische Leistungen sowie Fortbildungen gezielt für die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern bereit“ verdeutlicht Christiane Zimmermann, Bereichsleiterin Jugendhilfe II und Soziale Betreuung bei Mitmenschen e.V.
„Dieses Beratungsangebot ist einmalig in Thüringen und der Bedarf steigt parallel zur wachsenden Anzahl an unbegleitet einreisenden Jugendlichen seit 2022 wieder kontinuierlich an. Wir finanzieren seit April 2022 die Fachberatung aus unseren eigenen Mitteln als gemeinnütziger Verein, diese sind aber nur begrenzt. Das Land Thüringen sieht in seinem Integrationskonzept die Fachberatung vor, dann muss es auch die im Haushalt eingestellten finanziellen Mittel dafür bereit stellen.“ führt Juliane Kemnitz, Projektkoordinatorin beim Flüchtlingsrat aus.