16. Oktober 2015
Bundesrat beschließt Verfassungsbruch

Auch Bundesrat beschließt Verfassungsbruch

Der Flüchtlingsrat Thüringen und weitere Flüchtlingsräte der Bundesländer kritisieren den Bundesrat, sich am offenen Verfassungsbruch zu beteiligen / „Die beschlossenen Gesetzesverschärfungen sind in höchstem Maße menschenfeindlich!“

In dieser Woche hat die Bundesregierung das „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ im Eilverfahren durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht. Soeben hat der Bundesrat den Gesetzesentwurf verabschiedet. Damit ist die letzte Hürde für die zweite massive Asylrechtsverschärfung innerhalb eines Jahres genommen.

Der Flüchtlingsrat Thüringen und weitere Landesflüchtlingsräte kritisieren, dass das geplante Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht zur Lösung der Probleme beiträgt. Stattdessen setzt es einseitig auf Abschreckung und ist in Teilen schlicht verfassungswidrig. Mit dem Gesetz werden Asylverfahren weder vereinfacht noch beschleunigt. Anstatt legale und sichere Fluchtwege zu schaffen, werden schutzsuchende Menschen nun zunehmend isoliert und für ihre Einreise bestraft.

„Der Bundesrat hat sich heute, auch mit Stimmen rot-grün regierter Länder, am offenen Verfassungsbruch beteiligt. Der Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist gekippt“, kritisiert Martin M. Arnold, Mitarbeiter des Flüchtlingsrat Thüringen.

Die Gesetzesverschärfungen treffen geduldete Flüchtlinge besonders hart. Ein großer Teil von ihnen soll zukünftig nur noch „Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege“ erhalten. Jegliches Bargeld soll ihnen gestrichen werden, auch eine Arbeitserlaubnis sollen sie nicht erhalten. Damit wird ihnen nicht nur das „soziokulturelle Existenzminimum“ entzogen, das laut Bundesverfassungsgericht bar ausbezahlt werden muss. Auch das „physische Existenzminimum“ wird unter das vom Verfassungsgericht festgelegt Niveau abgesenkt.

„Viele der geduldeten Flüchtlinge sind bereits jetzt völlig verzweifelt angesichts ihrer Perspektivlosigkeit. Diese Verzweiflung wird noch weiter zunehmen, wenn man bei diesen Menschen die Daumenschrauben noch weiter andreht. Die Bereitschaft zur Ausreise wird dadurch trotzdem nicht steigen, denn die Menschen können nicht in ihre Herkunftsländer zurück. Die beschlossenen Verschärfungen sind deshalb in höchstem Maße menschenfeindlich. Wir werden deshalb betroffene Flüchtlinge dabei unterstützen, gerichtlich gegen diese verfassungswidrige Neuregelung vorzugehen“, erklärt Arnold.