3. Mai 2018
Positionspapier zu Frontex: FrontEXIT – Schluss mit EU-Abschottungspolitik

Die Flüchtlingsinitiative Sprachcafé Erfurt hat ein Positionspapier zur Europäischen Grenzschutzagentur Frontex verfasst. Wir haben es unterzeichnet.  Positionspapier als PDF

 

FrontEXIT – Schluss mit EU-Abschottungspolitik

Frontex (französisch: Frontières Extérieures – Außengrenzen) ist eine Gemeinschaftsagentur der Europäischen Union für die Grenz- und Küstenwache. Sie wurde 2005 gegründet und leitet seither die Ausbildung von europäischen „Grenzschützern“, koordiniert die Zusammenarbeit der EU Staaten im Bereich Außengrenzenschutz und beteiligt sich zudem an Abschiebungen in vermeintliche Herkunftsländer der Asylsuchenden.

Ausgaben:
Seit seiner Gründung erhöhte die EU das Budget von Frontex kontinuierlich (19 Millionen € 2006; 97 Millionen € 2014; 245 Millionen € 2016, sprich eine Erhöhung von 1336% in nur 10 Jahren). Gleichzeitig wurde im Oktober 2014 das italienische Seenotrettungsprogramm „mare nostrum“ eingestellt. Die EU-Länder waren nicht bereit, sich an den monatlichen Kosten von 9,3 Mio. EUR zu beteiligen. Mare Nostrum rettete über 100 000 Menschen im Mittelmeer.

Unsere Kritik:
Menschenrechts- und Flüchtlingshilfsorganisationen werfen Frontex regelmäßig Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen international geltendes Flüchtlingsrecht vor. So zeigt beispielsweise ein 2013 von Pro Asyl vorgelegter Bericht, dass an der griechischen Land- und Seegrenze, die auch zum Einsatzgebiet von Frontex zählt,  regelmäßig völkerrechtswidrige "Push-Back"-Operationen durchgeführt wurden. Dabei wurden Flüchtende hinaus aufs Meer oder hinter den Zaun zurückgedrängt, ohne dass ihnen die Möglichkeit geboten wurde, Asyl zu ersuchen – trotz allgemein anerkannten Asyl- und Menschenrechten:

Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren. (Art. 13, Abs. 2 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte)

Menschen- und Grundrechte scheinen im innerpolitischen europäischen Diskurs zwar einen immer höheren Wert zu erlangen, werden jedoch selbst hier nicht für alle geltend gemacht. Im Diskurs um die sogenannte „Flüchtlingskrise“ wird verkannt, dass es sich hier um eine Krise der europäischen (Migrations-) Politik handelt. So basieren die Konflikte und schweren Lebensbedingungen aus welchen Menschen fliehen, zu großen Teilen, auf europäischer Mitschuld: sie sind das Ergebnis ungerechter weltwirtschaftlicher Austauschbeziehungen, (post-)kolonialer Verhältnisse und wachsender sozialer Ungleichheit. Gleichzeitig befeuert der Friedensnobelpreisträger EU Konflikte durch fehlgeleitete Militärinterventionen und führende weltweite Waffenexporte. Hinzu kommt die Ausweitung des Grenzschutzes und die Externalisierung von Außengrenzen auf andere Kontinente und verachtungsvolle Abkommen mit Ländern wie Libyen oder der Türkei.

Unsere Forderungen:

  • Bekämpfung von Fluchtursachen (durch Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren auf Augenhöhe), dazu gehört auch das Einstehen zur „Kolonialschuld“ und faire Beteiligungschancen für Länder des Globalen Südens an der Weltwirtschaft
  • Keine Waffenexporte und menschenrechtsverachtende Abkommen mit Libyen, Türkei etc.
  • legale Fluchtrouten in sichere Länder Europas
  • Einrichtung eines europäischen Seenotrettungssystem
  • Transparenz in Bezug auf die Mandate und Verantwortlichkeiten sowie unabhängige Kontrollinstanzen zur Observation der Handlungen von Frontex  und Möglichkeiten der Zurrechenschaftsziehung
  • Zudem: sofortige Einstellung aller Aktivitäten der Grenzschutzagentur, die als Verletzung der Menschenrechte zu identifizieren sind (siehe Griechenland)

Europäische Migrationspolitik hat tödliche Konsequenzen. Der Bau von Mauern, die Entwicklung militärischer Ressourcen zur Kontrolle der Grenzen und die Bemühungen, Migrant*innen zu blockieren, noch bevor sie das Herkunfts- oder Transitland verlassen haben, verursachen jedes Jahr menschliche Tragödien mit steigenden Zahlen des Verschwindens und unzähligen Todesfällen.