16. März 2021
Internationale Wochen gegen Rassismus - Aktionen und Veranstaltungen

Die diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus finden vom 15. – 28. März 2021 statt. Das Motto in diesem Jahr ist: „Solidarität. Grenzenlos.“ Wir geben einen Überblick, welche Aktionen und Veranstaltungen wir in dieser Woche durchführen oder begleiten dürfen:

Veranstaltungen:

  • 19.03. von 12 bis 18 Uhr auf dem Fischmarkt in Erfurt: Protestcamp zum Klimastreiktag: Für globale Solidarität! mit der Seebrücke Erfurt, MOVE e.V. und dem Flüchtlingsrat Thüringen. Wer nicht vor Ort dabei sein kann, hat die Möglichkeit dem  zum Facebook-Event zu folgen
  • 21.03. 15 Uhr online Gesprächsrunde „Rechte Gewalt während Corona“ mit Theresa Lauß (ezra – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen) und Heike Kleffner (vbrg – Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt). Organisiert vom Kooperationsprojekt des DGB-Bildungswerk Thüringen e.V. und Flüchtlingsrat Thüringen e.V. [CoRa]. Hier geht es zur Teilnahme.
  • 21.03. 18 Uhr Filmvorführung "Integration ist keine Einbahnstraße" zum internationalen Tag gegen Rassismus organisiert vom Migranten Omid Verein (MOVE) e.V. in Kooperation mit der Seebrücke Erfurt. Im Anschluss an den Film findet eine moderierte Gesprächsrunde mit dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. statt.  Zu Film und Gesprächsrunde kommt ihr hier.

 

Social Media Aktion:

Wir zeigen Widersprüche, drastische Schieflagen und deren Zusammenhang zu Rassismus auf. Dazu haben wir aktuelle Themen unserer Arbeit im Kontext von Diskriminierung und Rassismus zusammengefasst und machen täglich u.a. über die sozialen Medien darauf aufmerksam. Die Bilder zur Aktion sind bereits auf dieser Seite einsehbar:

Im vergangen Corona-Jahr wurden 225 Menschen aus Thüringen gegen ihren Willen abgeschoben in Länder, die sie aus guten Gründen verlassen haben. Insbesondere in Herkunftsländer, in denen oft keine ausreichende Gesundheitsversorgung sichergestellt werden kann. Während in einigen Landkreisen, die Abschiebungen im vergangenen Corona-Jahr tatsächlich nahezu zum Erliegen gekommen sind, haben andere ihre Abschiebepraxis sogar noch deutlich intensiviert. Die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Erfurt hat Abschiebungen in Herkunftsländer im Vergleich zum Vorjahr sogar verfünffacht.

Im Frühjahr 2020 beschloss die Landesregierung in Thüringen ein Aufnahmeprogramm von 500 Schutzsuchenden aus Griechenland. Bundesinnenminister Horst Seehofer und das Bundesinnenministerium lehnten dieses ab und blockieren weitgehend die Aufnahme.  Bis heute hat Thüringen dagegen keine Klage eingereicht und der politische Handlungswille zur Aufnahme stagniert. In der Zwischenzeit hat sich die Situation in den Lagern auf der Insel Lesbos noch weiter zugespitzt. Das Lager Moria ist über Nacht abgebrannt und die Verhältnisse in dem Lager Kara Tepe - oder auch Moria 2.0 genannt - sind verheerender als je zuvor. Auch die Forderung des außenpolitischen Sprechers der CDU, Norbert Röttgen, 5000 Menschen aus den Lagern der griechischen Inseln aufzunehmen, blieb folgenlos.

Über 5000 Menschen  leben in Thüringen in Sammelunterkünften unter Bedingungen, die die Einhaltung von präventiven Maßnahmen zum Infektionsschutz meist unmöglich machen. Sie teilen sich Wohnraum in beengten Zimmern. Küchen, Bad- und Waschräume werden zwangsläufig von Vielen gleichzeitig genutzt. Die Unterbringung in Wohnungen ist in vielen Städten und Kommunen nicht ausreichend vorgesehen und eine konsequente Politik zur Unterbringung in eigenen Wohnungen wird nicht umgesetzt. Ein Infektionsgeschehen bedeutet dann zumeist die Massenquarantäne einer ganzen Unterkunft oder Etage, die sich von Tag zu Tag und von Woche zu Woche wiederholen kann.

Nach einer Corona-Infektion in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl wird das Lager am Vormittag des 14. März 2020 plötzlich von 150 Polizist*innen in voller Schutzmontur umstellt und abgeriegelt. Nach unseren Recherchen ist der offizielle Bescheid des zuständigen Gesundheitsamtes zur Quarantäneanordnung erst am 16.03. ergangen. Doch bereits am 14.03. forderte der Oberbürgermeister in Suhl von der Polizei die Sicherung der Einrichtung, um alle Personen am Verlassen des Lagers zu hindern. In der Suhler Innenstadt werden Bewohner*innen durch die Polizei aufgegriffen und zurück gebracht. Zu dem Zeitpunkt gab es für Bewohner*innen keinerlei Informationen zum Virus, geschweige denn eine mehrsprachige Erklärung der Maßnahmen. Im Zuge der Durchsetzung der Quarantäne erstellte die Polizei in Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst vor Ort eine Liste mit 28 Namen von Bewohner*innen, die vermeintlich gegen Quarantänemaßnahmen verstoßen hätten, und holte 22 Menschen ohne Erklärung oder individuelle Begründung aus der Einrichtung. Sie wurden nach Arnstadt in sogenannte Absonderungsunterbringung verbracht. Der richterliche Beschluss des Amtsgerichtes Arnstadt zur Freiheitsentziehung wurde nachgeschoben. Durch ein Klageverfahren von Betroffenen stellte ein Gericht fest, dass das Vorgehen und der Beschluss des Amtsgerichtes rechtswidrig waren.

Im Dezember vergangenen Jahres wurde ein Vater mit seinen zwei minderjährigen Kindern um 2:30 Uhr in der Nacht aus den Betten gerissen und getrennt von der Partnerin bzw. Mutter nach Albanien abgeschoben. Die Frau, die in der Nacht der unangekündigten Abschiebung eine Freundin besuchte,  verbleibt allein in Deutschland. Die Familie wurde bei der Abschiebung getrennt und drei Menschen in Obdachlosigkeit und winterliche Verhältnisse abgeschoben. Die Familie verlor zuvor nach einem Erdbeben in Albanien ihr Obdach. Der Vater und die zwei Kinder kommen nun in einem Zimmer bei Verwandten unter. Ihr Geld reicht kaum für Brennholz, um den kleinen Kachelofen zu befeuern, geschweige denn, um trotz Krankheit und Pandemie eine gesundheitliche Versorgung sicherzustellen. Die Mutter fordert die Rückkehr ihrer Familie und stellte einen Härtefallantrag für ihre Familie. Die Geschichte der Familie beschreibt dabei leider keinen Einzelfall. Mindestens drei weitere Fälle von Familientrennungen konnten wir im Corona-Jahr 2020 dokumentieren.