20. Juni 2025
Solidarität statt Ausgrenzen: Unsere Solidarität gegen die diskriminierende Bezahlkarte für Geflüchtete
Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni fordert der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ein Ende der sozialpolitischen Ausgrenzung von Geflüchteten in Thüringen. Die landesweite Einführung der sogenannten Bezahlkarte ist aus Sicht des Vereins ein Schritt in die falsche Richtung. Statt Schutzsuchende zu stärken, wird ihre Teilhabe eingeschränkt und ihre Autonomie beschnitten. Deshalb wird das Mittel vom Flüchtlingsrat Thüringen e.V. auch als „Diskriminierungskarte“ bezeichnet.

„Die Diskriminierungskarte bedeutet nicht nur Kontrolle, sondern gezielte Ausgrenzung aus dem sozialen Leben, dem digitalen Raum und vom kulturellen Miteinander. Das ist institutio-nalisierte Diskriminierung“, erklärt Juliane Kemnitz, Sprecherin des Flüchtlingsrats. „Wir brauchen keine weiteren Zusatzaufgaben für kommunale Behörden, sondern politische Lösungen: Konten statt Bezahlkarte und Teilhabe statt Misstrauen.“

Seit Ende 2023 haben mehrere Thüringer Landkreise die Diskriminierungskarte für Geflüchtete eingeführt. Die Karte ersetzt Bargeld nahezu vollständig, erlaubt in vielen Fällen nur geringe monatliche Bargeldauszahlungen (je nach Landkreis zwischen 50 und 150 Euro) und ist auf bestimmte Landkreise oder Postleitzahlen beschränkt. Online-Zahlungen sind ausgeschlossen und Überweisungen ohne Zustimmung des Sozialamts nicht möglich. Besonders problematisch: Günstige oder gebrauchte Artikel etwa auf Flohmärkten, in Second-Hand-Läden oder über Plattformen, wie eBay, bleiben unzugänglich. Auch soziale oder kulturelle Teilhabe z. B. Teilnahme an Klassen- oder Kita-Ausflügen für Kinder oder der Besuch von Kultur- oder Sportveranstaltungen wird faktisch ausgeschlossen.

Gegen diese Praxis hat sich eine wachsende zivilgesellschaftliche Bewegung gebildet: Initiativen wie die Seebrücke Erfurt, die Seebrücke Jena oder das Aktionsbündnis Kolibri aus Greiz organisieren Gutscheintauschstellen, bei denen Geflüchtete Einkaufsgutscheine gegen Bargeld tauschen können: anonym, solidarisch und praktisch. 

Im Rahmen der Kampagne „Solidarität statt Ausgrenzen“ positionieren sich zum Weltflüchtlingstag zudem 21 Künstler:innen aus Thüringen gegen die Diskriminierungskarte und für den Gutscheintausch. Unter ihnen die Weimarer Band Frachter, die erklärt: „Versuch mal auf einem Konzert oder in der Kneipe mit Karte zu zahlen. Kommt man abseits von Mainstream-Events gar nicht weit. Deshalb: weg vom Stigma der Bezahlkarte, hin zu echter Teilhabe.“ Auch Singer-Songwriterin PaulA aus Erfurt unterstützt die Kampagne: „Mit der Bezahlkarte werden Geflüchtete systematisch diskriminiert und in ihrem Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt. Die solidarischen Gutscheintauschstellen sind wunderbare und unterstützenswerte Initiativen, die diesem System der Ausgrenzung etwas entgegensetzen.“

Der Flüchtlingsrat Thüringen verurteilt zudem, dass solidarische Praktiken wie der Gutscheintausch öffentlich delegitimiert oder gar kriminalisiert werden. Stattdessen brauche es politische Unterstützung für solche zivilgesellschaftlichen Lösungen. „Wir verteidigen eine solidarische Migrationsgesellschaft und das Recht auf soziale Rechte für alle“, so Kemnitz.