11. Mai 2017
1. Resolution der Thüringer Flüchtlingsinitiativen

Engagierte in der Flüchtlingsarbeit in Thüringen stellen erstmals klare Forderungen an die Politik

Am 6. Mai 2017 fand zum fünften Mal das Treffen Thüringer Flüchtlingsinitiativen in Erfurt statt. 70 Teilnehmende aus ganz Thüringen tauschten sich über die aktuelle Situation und Bedarfe in der Flüchtlingshilfe aus. Dabei wurden aus der praktischen Erfahrung der Engagierten erstmals konkrete Forderungen an die Politik formuliert. Martin M. Arnold, Mitorganisator des Vernetzungstreffens sagt dazu: „Bereits auf den letzten Treffen gab es den Wunsch der Ehrenamtlichen nach einer Resolution. Das zeigt unmissverständlich - Engagierte wollen sich auch politisch einbringen und die Missstände, die sie in ihrer täglichen Arbeit erleben, offen und konkret ansprechen.“ Neben Forderungen zu den Themen Abschiebung und Familiennachzug wurde auch die Fragen der Unterbringung und der Wohnungssuche von Geflüchteten im Freistaat Thüringen diskutiert. Ganz deutlich offenbart das Treffen die ungebrochene Solidarität und den anhaltenden ehrenamtlichen Einsatz Vieler für und gemeinsam mit Geflüchteten. „Das Engagement ist ungebrochen und setzt damit ein klares Zeichen gegen den menschenfeindlichen Populismus in unserem Bundesland.“ – so Arnold weiter.
Seit 2015 wird das zweimal jährlich stattfindende Treffen vom Kooperationsprojekt [CoRa] des DGB-Bildungswerk Thüringen e.V. und des Flüchtlingsrat Thüringen e.V. organisiert.

 

 

5. Treffen der Thüringer Initiativen in der Flüchtlingsarbeit in Erfurt, 6. Mai 2017
Download: Resolution der Thüringer Flüchtlingsinitiativen

  • Keine Abschiebungen

Die Thüringer Initiativen fordern: Keine Abschiebungen, egal in welches Herkunftsland oder in andere EU-Länder. Kein Mensch flieht freiwillig! Die Thüringer Initiativen verurteilen den massiven Druck zur vermeintlich „freiwilligen Ausreise“ und fordern die Abkehr vom Wettkampf der maximalen Abschiebezahlen. Stattdessen müssen reale Chancen zur Integration von Anfang an und unabhängig von aufenthaltsrechtlichen Fragen sowie ein dauerhaftes Bleiberecht gewährt werden.
Die Flüchtlingsinitiativen begrüßen, dass Thüringen und weitere Bundesländer sich weigern, ins kriegsgebeutelte Afghanistan abzuschieben. Die Haltung der Thüringer Regierung muss aber auch auf Bundesebene offensiv vertreten werden. Es braucht dringend einen bundesweiten Abschiebestopp nach Afghanistan.

  • Uneingeschränkter Zugang zu Sprach- und Integrationskursen

Die Thüringer Initiativen fordern den uneingeschränkten Zugang aller Schutzsuchenden zu Sprach- und Integrationskursen. Dabei müssen ausreichend Plätze in Grund- und Aufbaukursen sowie die Qualität der Angebote sichergestellt werden. Zudem müssen die Stellen für DaF/ DaZ Lehrer*innen ausgebaut und die bereits vorhandenen dauerhaft gesichert werden.

  • Selbstbestimmtes Wohnen statt Sammelunterkünfte

Die Thüringer Initiativen fordern die Möglichkeit zum selbstbestimmten Wohnen statt Sammelunterkünfte für Geflüchtete. Viele von ihnen müssen sogar nach der Asylanerkennung noch für lange Zeit in Sammelunterkünften verbleiben. In den Landkreisen/ kreisfreien Städten werden zum Teil die Wohnungen der Asylsuchenden gekündigt, um die Sammelunterkünfte wieder „aufzufüllen“. Diese Praxis ist integrationsverhindernd, denn selbstbestimmtes Wohnen und schützende Privatsphäre sind der beste Weg, hier gut anzukommen. Jede Abkehr vom Ziel der dezentralen Unterbringung in Thüringen ist kontraproduktiv, ausgrenzend und diskriminierend.

  • Keine Einschränkungen des Rechts auf Familie

Die Thüringer Initiativen fordern, dass das Grundrecht auf den Schutz der Familie für alle Menschen uneingeschränkt gewahrt wird. Zudem müssen die massiven Einschränkungen des Rechts auf Familiennachzug für Geflüchtete unverzüglich zurückgenommen werden. Auch dort, wo der Familiennachzug rechtlich möglich ist, wird er in der Praxis auf vielen Ebenen verschleppt und unmöglich gemacht - das muss sofort aufhören!
Für Betroffene bedeutet die aktuelle Situation ein tägliches Leben in Perspektivlosigkeit und Sorge sowie enorme psychische Belastungen.

  • Faire Asylverfahren

Die Thüringer Initiativen fordern faire Asylverfahren  sowie die Gewährleistung der Qualität in der Durchführung der Verfahren. Die praktischen Erfahrungen zeigen auf, dass es enorme Mängel bei den Asylverfahren und Schwierigkeiten bei der Einhaltung der sehr kurzen Rechtsmittelfristen gibt. Die Probleme bei der Anhörungs- und Entscheidungspraxis führen zu einer Verlagerung zu Gerichten und damit zu sehr langen und aufwändigen Verfahren.

  • Finanzielle und politische Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit

Wir, die Thüringer Initiativen, fordern eine dauerhafte und zuverlässige Unterstützung unserer unersetzlichen Arbeit - finanziell sowie politisch.
Es gibt noch viel zu tun. Integration und der Einsatz für Menschenrechte sind keine reinen Verwaltungsleistungen. Gerade auch da, wo staatliche Strukturen versagen oder unzureichend sind, setzt unser Engagement an. Kurzfristige Projektfinanzierungen bieten keine Planungssicherheit für die notwendige und langfristige Arbeit in der Unterstützung von Geflüchteten.